Stimmbürger könnten landschaftsrelevante Projekte auf einem «Spaziergang» durch 3D-Landschaftsvisualisierungen aus Computerspielen erkunden.
Was wäre, wenn Stimmbürger ein geplantes, landschaftsrelevantes Projekt auf einem virtuellen «Spaziergang» erkunden könnten? Michael Mächler von der ZHAW testete dazu 3D-Landschaftsvisualisierungen aus Computerspielen.
Für den Erfolg von geplanten Bauprojekten ist es wichtig, neben der Umweltverträglichkeit das Verständnis und die Akzeptanz bei allen Beteiligten und Betroffenen zu fördern. Nicht alle Interessengruppen haben aber gleich gute Kenntnisse, um komplexe Planungsprozesse zu verstehen, weshalb oft Visualisierungen als einfach verständliches Kommunikationsmedium eingesetzt werden.
Aus technischer Sicht war bisher der Detailgrad der 3D-Visualisierungen durch die Leistungsfähigkeit der Computer limitiert. Man hat die Wahl zwischen fotorealistischen Standbildern oder weniger detailreichen, abstrakten Echtzeit-Umgebungen.
Computerspiele simulieren neben dem Spielverlauf sehr realistische virtuelle Umgebungen. Der Kern dieser Computerspiele ist die Game-Engine, welche auch fotorealistische Darstellungen in der Landschaftsvisualisierung ermöglicht, in denen die Landschaft in Echtzeit erkundet werden kann.
Michael Mächler von der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften möchte Game-Engine-basierte Visualisierungen für die Umweltplanung nutzbar machen. Dafür wollte er wissen, wie solche Visualisierungen von den Anwendern angenommen werden.
Michael Mächler untersuchte im Rahmen seiner Masterarbeit an der ZHAW folgende Punkte:
Zur Beantwortung dieser Fragen konnten die Teilnehmer in der 3D-Visualisierung eines fiktiven Projektes einen virtuellen, freien Spaziergang machen.
Im Urner Reussdelta sollen auf zwei Hektaren eine Hochhecke und eine Fettwiese durch ein Flachgewässer ersetzt werden, das als Rast- und Brutplatz für Watvögel und als Laichgewässer für Amphibien dienen soll. Zudem soll für die Besucher eine gedeckte Beobachtungsplattform erstellt werden.
Für die 3D-Visualisierung wurde die Game-Engine CryENGINE 3 der Firma Crytek verwendet. Ein digitales Höhenmodell (DHM) definierte die dreidimensionale Darstellung des Terrains (Topographie), auf welche ein Luftbild gelegt wurde. Der Vektor25-Datensatz definierte die Bodenbedeckung (Wiesen, Wälder etc.) und die Lage von Strassen und Wegen.
Aufgrund dieser Informationen wurden danach spezifische Texturen und Geometrien (3D-Modell z.B. einer Vogelbeobachtungsplattform für die Besucher) von natürlichen und anthropogenen Strukturen auf dem Terrain platziert.
Die 54 Teilnehmer konnten den Zustand vor und nach der Ausführung des Projektes bei einem freien Spaziergang am Computer selber erkunden und hörten dabei über Kopfhörer auch Geräusche.
Praktisch alle teilnehmenden Studenten nutzen Computer und/oder Smartphone in ihrem Alltag, die Hälfte nutzt diese auch für Computerspiele. Für sie waren die interaktive Visualisierung und die Steuerung des Computerspiels mit Maus und Tastatur kein Problem.
Die Erstellung einer Game-Engine-basierten Visualisierung ist sehr zeitaufwändig. Eine von der ZHAW entwickelt Software vereinfacht diesen Prozess. Im aktuellen Prototyp werden Geodaten (Höhenmodelle, Luftbilder und Vektordaten) automatisiert in Daten umgewandelt und von der CryEngine eingelesen. In wenigen Sekunden werden so z.B. aus einem Waldpolygon (aus Vector25) hunderte, zufällig verteilte und in der Grösse variierende Bäume generiert. Auch die Rückwärtskonvertierung in ein Geoinformationssystem GIS ist möglich.
Der Editor der CryEngine kann aber nicht nur in Echtzeit die Visualisierung darstellen, sondern auch während der Visualisierung Änderungen vornehmen und zeigen. Die CryEngine könnte man also als mächtiges und einfaches Präsentationswerkzeug mit einem Planungswerkzeug kombinieren. Änderungen und Ideen könnten während der Diskussion unmittelbar umgesetzt und bei hohem Realismus aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden.
Solche Änderungen können dann wiederum durch Rückwärtskonvertierung in ein GIS eingelesen werden, um z.B. Flächen- und Volumenbilanzen zu berechnen, Pflanzlisten zu erstellen oder weitere Analysen zu tätigen.
Michael Mächler schliesst daraus, dass Computerspiele den Einbezug der Stimmbürger in landschaftsrelevante Projektplanungen ermöglichen. In Zukunft könnten Game-Engines zudem als interaktive Planungswerkzeuge in Ingenieurbüros eingesetzt werden.
ZHAW, Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen (IUNR), Forschungsgruppe Umweltplanung
ZHAW, Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen (IUNR), Forschungsgruppe Geoinformatik